Was ist denn jetzt eigentlich mit den Teichen?

Diese Frage wurde im Vorfeld der Bürgermeisterwahl in Haina in den letzten Wochen wiederholt gestellt.

Ja, was ist denn jetzt?

Folgende Tatsachen sind uns bekannt:

Der Eigentümer hat seine „Renaturierungs“pläne beim RP Kassel eingereicht.

Diese Pläne sehen keine Teiche im Bereich der Wohrateiche vor. Diverse kleinere Ersatztümpel und die Deklarierung vorhandener Teichanlagen in weiträumiger Umgebung Hainas als Ersatz sollen als Ausgleich dienen.

Die Größe der offenen Wasserflächen der Wohrateiche wird in keiner Form mehr erreicht, sollten diese Pläne vom RP genehmigt werden.

Da es sich beim jetzt laufenden Verfahren nicht wie ursprünglich erhofft um ein Planfeststellungsverfahren handelt, bei dem jeder Bürger das Recht zur Stellungnahme gehabt hätte, sondern man es schaffte, aus der gravierenden Umstrukturierung eines NSGs lediglich ein Plangenehmigungsverfahren zu machen, konnten nur die Verbände wie NABU oder BUND Stellungnahmen abgeben. Die betroffenen Bürger vor Ort mit ihrer Ortskenntnis und ihrem berechtigten Interesse an der Zukunft des NSG bleiben also unbeteiligt und ihre Vorschläge werden nicht berücksichtigt. Dadurch drohen wichtige Aspekte unterzugehen. Woher kann Wasser für neue Tümpelanlagen kommen? Welcher Bach führt bei Trockenheit überhaupt Wasser in ausreichender Menge? Welcher der zu Ersatzgewässern deklarierten Teiche fällt im Sommer nicht trocken? Wie sah es an den Teichen vor deren Staulegung tatsächlich aus? Welche Tiere und Pflanzen gab es dort? So ist in Kassel beispielsweise nicht bekannt, dass der “Badeteich” sehr wohl immer auch einen Flachwasserbereich am oberen Ende hatte. So sollte nie bekannt sein, dass am oberen Teich Brutröhren für Wasserfledermäuse angebracht wurden. Dass dort im sumpfigen oberen Bereich Großseggen wuchsen. Dass…

Je weniger man kennt und weiß, desto einfacher lässt sich sagen “ An den Teichen, da ist nichts” und schon kann man ein NSG “renaturieren”.

Oder gibt es doch noch Hoffnung auf Respekt vor der Natur, Vernunft und das Einhalten gesetzlicher Bestimmungen?

Jetzt wartet man auf die alles entscheidende Antwort der Behörde. Hat diese vom Eigentümer die unabdingbaren Nachbesserungen gefordert? Wenn ja, wie sehen diese aus? Wie bewertet man Umweltschutz gegenüber finanziellen Interessen? Wird das NSG weiter zerstört, der letzte Rest Teich wider alle Vernunft auch noch vernichtet? Oder hat man aus Trockenheit, Wassermangel und Waldbrandgefahr gelernt? Ist man in der Lage, gute Alternativvorschläge anzunehmen und umzusetzen?

Nachweislich hat sich am unteren Wohrateich, dem „Badeteich“, inzwischen ein wertvoller Lebensraum für Wasservögel, Insekten und andere Lebewesen entwickeln können, trotz aller Widrigkeiten. Ansatzweise sieht dort das NSG ganz allmählich wieder einem NSG ähnlich.

Eigentlich sollte die lange Untätigkeit des Eigentümers wohl eher Geld sparen als der Natur ermöglichen, sich etwas zu erholen. Jetzt lässt es sich nicht mehr abstreiten: “Am Teich, da ist was”. Das wird nicht jedem gefallen.

Aber einer Oberen Naturschutzbehörde sollte das gefallen. Allerdings müsste sie jetzt den ganzjährigen Einstau anordnen, um diesen Zustand zu erhalten und die weitere positive Entwicklung der durch die Staulegung so gravierend geschädigten Natur weiter zu unterstützen. Entsprechende Anträge liegen beim RP bereits seit geraumer Zeit vor.

Bislang: keine Antwort.

Warum ist ein Ablassen des Teiches im Winter für die Natur so schädlich?

Als lediglich ein Beispiel seien die Libellen angeführt.

Den ganzen Sommer über konnte man eierlegende Libellentandems am Ufer dicht an dicht beaobachten, etwa alle zwei bis drei Meter. Libellen nutzten den Teich also zur Eiablage.

Damit ist der Teich aktuell eine gemäß §44 BNatSchG geschützte Fortpflanzungsstätte.Ihre Beeinträchtigung oder Zerstörung ist streng verboten, zudem würde die Tötung der bestimmt zu Tausenden jetzt darin befindlichen Libellenlarven und ihrer Eier, die ja auch geschützte Lebensstadien sind, gegen §39 und das Tötungsverbot des §44 verstoßen.

Darauf wurde der RP explizit hingewiesen, kann sich also nicht in Unkenntnis befinden.

Sollte der Teich dennoch abgelassen werden, wäre somit der Tatbestand des Vorsatzes erfüllt.

Warum muss der Teich überhaupt im Winter abgelassen werden?

Da die Gefahrenabwehr (Starkregen, Haina wird überflutet) durch die zur Zeit erfolgende regelmäßige Wasserstandskontrolle gewährleistet werden kann, müssen es Kostengründe ein.

Wie bei der „Renaturierung“ sucht auch hier der Eigentümer vielleicht die billige Lösung.

Diese kann der RP, will er gesetzeskonform arbeiten, nicht genehmigen.

Dennoch sinkt bereits der Wasserstand im Teich. Wird er jetzt doch abgelassen?

Leider schweigt Kassel. Und leider überrascht das nicht.

Lobbyismus schwächt den Rechtsstaat, frustriert die Bürger:innen und schadet der Demokratie. Ganz konkret, vor Ort, in jeder Gemeinde.

Libellen gehen nicht wählen, sie schreien nicht, wenn ihr Nachwuchs vertrocknet, sie ziehen nicht im Krebsgang in die Rhön um oder flattern zum Fressen mal schnell an den Edersee. Sie verschwinden einfach. Das nennt man dann später mal Artensterben. Ganz konkret, vor Ort, hier in unserer Gemeinde.





BI Rettet die Wohrateiche