Natur und Kultur sind kein Widerspruch

Auch wenn sich die Führung des LWV weder für den Naturschutz noch für die Kulturgeschichte rund um die Wohrateiche für zuständig hält: Die Wohrateiche bei Haina sind noch immer Kernbestandteile einer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft. Sie zeugen vom Gründergeist und der tatkräftigen Initiative des Leiters des Hospitals, Direktor Dr. Otto Scheel, von der Ingenieurskunst des Bauleiters und Hospitalbaumeister Ferdinand Schröder und von den Mühen der „arbeitsfähigen Pfleglinge, welche nicht zu den zunächst nothwendigen Arbeiten an dem Mühlenbau selbst und an der Herbeischaffung und Vorbereitung des Baumaterials, oder sonstigen dringlichen Arbeiten für die Gutswirthschaft und Hospitalsverwaltung Verwendung finden.“ Das was zu Beginn des vorigen Jahrhunderts als Pionierleistung mit dem Ziel der Versorgung des Hospitals mit elektrischer Energie geschaffen wurde, hat die Kulturlandschaft über Generationen geprägt und dabei von Anfang an Naturschutz und Stromerzeugung in Einklang gebracht. Zu einer Zeit, in der es noch keinen rechtlich geregelten Naturschutz im heutigen Sinn gab, haben Menschen in Haina dafür gesorgt, dass ökologische Vielfalt gesichert und die Bedarfe der ortsansässigen Mensch (Patientinnen und Patienten sowie Bedienstete des Hospitals) gedeckt wurden. Diese Bedarfe waren nicht nur auf die Gewinnung von elektrischer Energie zum Betreiben einer Mühle und für die Beleuchtung gerichtet, sondern auch auf das, was man heute als kulturelle oder Erholungsbedürfnisse bezeichnen würde. Die Teiche und ihre Randzonen, eine Liegewiese waren Naherholungsorte und Naturerlebnisstätten. Der seit Menschengedenken und bis zum brutalen Eingriff des LWV im vergangenen Jahr vorhandene Tier- und Pflanzenreichtum belegt eindrucksvoll, wie harmonisch Stromerzeugung durch Wasserkraft, Naturschutz und Naherholung zusammenpassen.

Die Nachfolgerinnen und Nachfolger der Schöpfer der Wohrateiche, ihrer kunstvollen Nebengerinne und Erholungsflächen haben diese zum Wohle von Ökonomie und Ökologie über viele Jahrzehnte sorgsam gehegt und gepflegt. Bis der Sinn hierfür dem Zeitgeist folgend hinter betriebswirtschaftlichen Betrachtungen (eingekaufter Strom ist billiger?) oder Kompetenzwirrwarr (Zuständigkeit beim LWV, den Stiftungsforsten oder Vitos?) in Vergessenheit geriet und die Anlagen am Ende wie ein Renditeobjekt abgeschrieben wurden. Die Kosten für die Unterhaltung - es dürfte sich über die ca. 30 Jahre um einen deutlich sechsstelligen Betrag handeln - wurden rechtswidrig eingespart, ein dadurch erst denkbar gewordener Dammbruch und dessen Folgen bedenkenlos in Kauf genommen.   

Bereits vor über zwanzig Jahren vorgetragene öffentliche Proteste (Beispiel aus 1997:Titelfoto dieses Beitrages ) gegen das vom LWV betriebene Vergammelnlassen hat der in Haina allmächtige Eigentümer geflissentlich „überhört“.

Die Verbindung von ökologischer Stromerzeugung, Pflege der einzigartigen Kulturlandschaft und Naturschutz war bei der Ausweisung als Naturschutzgebiet Mitte der Achtzigerjahre bekannt und gewollt. Wer hieran Zweifel hat, mag sich die Verordnung über das „Naturschutzgebiet Wohrateiche bei Haina“ und die vorbereitenden Gutachten sorgfältig lesen. Nicht gewollt war, dass der Eigentümer schon bald alles dem Verfall überließ um Aufwand einzusparen. Ebenfalls nicht gewollt war, dass die Kasseler Behörden ihrer Aufsichtspflicht jahrzehntelang nicht nachkommen. Es bleibt unerklärlich, warum die Oberen Wasserbehörde zwei große, auf jeder Landkarte verzeichnete Teiche erst 2016 auffinden konnte.


BI Rettet die Wohrateiche