Starkregen und Dammbruchgefahr, bzw. die Geographie der Wohrateiche

Überflutung des Ortes Haina bei Dammbrüchen beider Teiche mit 180.000m³ Wasser und Schlamm! So informierte man im Frühjahr die Bevölkerung Hainas bei der Infoveranstaltung des LWV.

Wen kann man mit diesem Szenario nicht beängstigen? Das wirkt wirklich bedrohlich! ….. Es sei denn, man hinterfragt es. Das hat die AG “Wasser” der BI getan.

Hier die Ergebnisse:

Zur Geographie der Wohrateiche: Beide Teiche liegen in einem Kerbtal mit Nord-Südgefälle. Mitglieder der Arbeitsgruppe “Wasser” der BI wollten wissen, wie viele Kubikmeter Wasser sich überhaupt noch in den abgesenkten Teichen befinden. Der Badeteich wurde sehr genau vermessen, jeder kann dies tun. Wir haben eine Skizze mit Angaben zur Länge & Breite angefertigt. (s.Skizze )

Skizze Teich.png


Die Tiefe beginnt am Damm mit 2m, verläuft bis zum Wohra-Zulauf in 1,5m über, mit 2m wurde gerechnet, und läuft nach 61 Metern auf Null aus. Die gestrichelten Linien wurden als Mittelmaß genommen, …

Der Teich ist nicht mit einem Schwimmbad vergleichbar, denn er hat keinen waagrechten Boden. Er liegt im Kerbtal, d.h. die Tiefe hat die Form eines „V“s.

Errechnet wurde für den Badeteich ein Inhalt von 12.736 m³ beim derzeitigen abgesenkten Wasserstand. Der Obere Teich hat bei abgesenktem Wasserstand 21.250m³ Inhalt. (Länge: 250m, Breite: 83m, Tiefe: 2m ; jedoch liegt die tatsächliche Wassertiefe eher unter 2m). Derzeit befinden sich also in beiden Teichen zusammen ca. 33.986m³ Wasser.

Als nächstes wurde die Wassermenge in den Teichen bei Vollstau bis zur Überlaufkante errechnet. Für den Badeteich kämen 27.720m³ Wasser dazu. Insgesamt enthielte der Teich dann bei Vollstau 12.736m³ + 27.720m³ = 40.456m³ Wasser.

Der Obere Teich könnte bis Vollstau noch 27.000m³ Wasser aufnehmen und hätte dann eine Gesamtmenge von 21.250m³ + 27.000m³ = 48.250m³

Jetzt konnten die Mitglieder der AG “Wasser” der BI eine Gesamtwassermenge in beiden Teichen bei Vollstau ausrechnen:

40.456m³ Badeteich + 48.250m³ Oberer Teich = 88.706m³ Gesamtwassermenge in beiden Teichen.

Demgegenüber wurde beim Infoabend mit 180.000m³ Wasser gerechnet. Das sind 91.294m³ Wasser mehr als sich bei Vollstau tatsächlich überhaupt in beiden Teichen befinden können. Soll der Starkregen in kürzester Zeit diese Wassermenge liefern? Oder hat man eine andere Wassertiefe vermutet? Die im Frühjahr an den Teichen angetroffenen Taucher haben die 2m Wassertiefe bestätigt mit der wir gerechnet haben. Oder gibt es andere Gründe für die großzügige Berechnung der bedrohlichen Wassermasse ? Fest steht, weniger Wasser übt weniger Druck auf einen Damm aus. Fest steht auch, weniger Wasser kann weniger stark überfluten.

Schauen wir uns das Wohratal etwas genauer an:

Der Abstand zwischen beiden Dämmen beträgt 1.000m (1km). Dort liegt der Erlenbruchwald, welcher sich ebenfalls nördlich vom Oberen Teich ausbreitet. Wenn beide Teiche nicht mehr vorhanden wären, bestünde übrigens die Gefahr, dass dieser Wald austrocknen könnte, da der Grundwasserspiegel zwangsläufig sinken würde. Der Bereich zwischen den Teichen würde im Fall eines Dammbruches Wasser aufnehmen können. In südlicher Richtung befindet sich im Abstand von 400m zum Badeteich eine Straßenaufschüttung, bzw. ein Trockendamm. Dieser ist 8,40m hoch und könnte 80.000 m³ Wasser aufhalten sollte der davor liegende tiefe Talgrund überflutet werden. Dieser Damm ist auf dem Stich von 1870-1871 zu sehen, älter als die Dämme beider Teiche.

Fazit:

Bei der Darstellung der Überflutungsgefahren bei Dammbruch an den Teichen wird von einer uns nicht erklärbar hohen Wassermenge ausgegangen. Dass Wasser im Bereich zwischen den Teichen und im Talgrund unterhalb des Badeteiches zurückgehalten würde, wird nicht berücksichtigt. Eine Simulation der tatsächlichen Situation bei Dammbruch wurde noch gar nicht erstellt.

Anschließend haben die Mitglieder der AG “Wasser” die errechneten Zahlen unter einem anderen Gesichtspunkt analysiert: Welchen Hochwasserschutz hat Haina noch, wenn die Wohra durch keine Dämme mehr zurückgehalten werden kann, weil diese im Zuge der Renaturierung abgebaut wurden? Zur Zeit sichert die geringe Füllmenge in beiden Teichen die Aufnahme von Starkregenfällen ab. Im Badeteich ist bis Vollstau noch Platz für 27.720m³ Wasser, im Oberen Teich ist Platz für 27.000m³ Wasser. Das sind zusammen 54.720m³ Wasser, die bei abgesenktem Wasserstand im Bedarfsfall von den Teichen zurückgehalten werden könnten. Dazu kämen die 80.000m³, die der Talgrund vor dem Fahrdamm fassen könnte. In der Vergangenheit senkte der Teichwart bei Regenvorhersage vorsorglich die Wasserstände in den Teichen ab und ermöglichte so die Aufnahme von Regenwasser. Wie wird der Hochwasserschutz im Falle einer Renaturierung sichergestellt werden können?

Die Ergebnisse der AG “Wasser” zeigen auf der einen Seite eine Relativierung der Bedrohung bei Dammbruchgefahr, da sich selbst bei Vollstau erheblich weniger Wasser als angegeben in den Teichen befindet. Auf der anderen Seite wird deutlich, dass die Dämme zur Zeit tatsächlich einen Hochwasserschutz bieten, da eine beachtliche Wassermenge im Bedarfsfall zurückgehalten werden kann.

Heike Hartmann-Frank